ESF 2008

 

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„Zukunftskonvent“ auf dem Europäischen Sozialforum (ESF) in Malmö

„Zukunftskonvent“ war auf dem Europäischen Sozialforum Veranstalter eines Seminars und eines Workshops[1]. Die Ergebnisse sind unter http://www.esf2008.org/outcomes zu finden und mit der Einladung verknüpft, die Diskussion auf europäischer Ebene fortzusetzen. Hierfür wurden konkrete Projekte vereinbart: ein internationaler Workshop 2009 und eine europäische Publikation.

 

Etwas genauer:

 

1. Seminar zu Nationalismus und nationalistischem Populismus in mittel- und osteuropäischen Ländern.

Die Teilnehmer/innen der von Judith Dellheim moderierten Runde waren: Peter Damo aus Rumänien, Miroslav Prokes aus Tschechien, Alexander Buzgalin aus Russland, Szymon Sobiewski aus Polen, Nadja Panait/Jürgen Kräftner aus der Ukraine. Ihre vorrangigen politischen Arbeitsfelder bzw. Zusammenhänge sind: Peter – Rumänisches Sozialforum, Miroslav – Tschechisches Sozialforum, Europäisches Netzwerk gegen Rassismus, Öko-Initiativen, Kommunistische Partei Tschechiens, Alexander – Zeitschrift „Alternativy“, Szymon – Junge Sozialisten, Nadja/Jürgen – medizinische Versorgung für Flüchtlinge und „Illegale“, Medien-Monitoring zu Rassismus und ein Infopool für Journalistinnen und Journalisten, die gegen Rassismus vorgehen wollen.

Einige Aussagen zu konkreten Erscheinungen von Nationalismus und nationalistischem Populismus: Peter – der Nationalismus in Rumänien richtet sich im Allgemeinen nicht gegen Migrantinnen und Migranten, sondern gegen Staatsbürger/innen Rumäniens mit nicht-rumänischem Hintergrund. Das betrifft insbesondere Ungarinnen und Ungarn in Transsylvanien. Hier werden ökonomische Vorteile zum Anlass für Hetze genommen, die insbesondere von orthodoxen Religionsfanatiker/innen betrieben wird. Miroslav – Auch in Tschechien richtet sich der Rassismus selten gegen Menschen mit migrantischem Hintergrund. Er wird mehr unterschwellig gegen „die Russen“ und „die Deutschen“ kommuniziert. Allerdings ist die offene Hetze des starken Anti-Romaismus bzw. Anti-Zyganismus hochgradig aggressiv und mündet häufig in Brutalität. Rechtsextremismus ist für die Regierenden kein Problem, aber ein vorgeblicher „Linksextremismus“. Nadja – Das Hauptproblem ist die stark verbreitete allgemeine Fremdenfeindlichkeit, die den Nährboden für die Verweigerung von elementarer Hilfe und Attacken gegen „Fremde“ bildet. Bisher gibt es in der multiethnischen Karpaten-Region wenig Rechtsextremismus, aber eine extreme Ablehnung des „Abnormen“, die in Menschenverachtung mündet und damit auch Rechtsextremismus befördern kann. Szymon – Die katholisch-orthodoxen Kreise predigen gegen „die Juden, die Russen, die Deutschen, die Amerikaner“ und definieren „das klassisch Polnische“ – die Norm. Sie sind in ihrem Sinne recht erfolgreich und können Massenmedien nutzen. Das betrifft nicht zuletzt „Radio Maria“, das religiösen Extremismus verbreitet. Alexander – in Russland gibt es vier Ebenen von Nationalismus: a) der russische Chauvinismus unter den „normalen Leuten“, der „Masse“; b) der russische Chauvinismus, wonach „wir allen Russen, wo immer sie auch sind, helfen müssen“; c) die Ablehnung bzw. Feindschaft gegenüber dem „Nicht-Russischen“; d) der „offene Faschismus“. Während sich a) und b) vor allem gegen die USA richten, richten sich b) und c) insbesondere gegen Menschen im/aus dem Kaukasus und in/aus Zentralasien.

 

Alle Teilnehmer/innen werben bzw. engagieren sich für 1) konkrete Projekte, in denen von Diskriminierung Betroffenen geholfen wird und solidarische Gemeinsamkeit gelebt bzw. gelernt werden kann, 2) für konkrete vor-Ort Aktionen gegen Rassismus und Extremismus, 3) für zentrale Aktionen, die auf die nationalstaatlichen politischen Akteure zielen, 4) für permanente politische Arbeit und in diesem Kontext für internationale Kooperation mit Gleichgesinnten. Alle haben das Problem benannt, dass linke Parteien ihre Auseinandersetzung mit „dem Kapital“, das insbesondere Auslandskapital ist, und mit der NATO vielfach „patriotisch“ begründen.

Deshalb wurde vereinbart, im Jahre 2009 einen internationalen Workshop durchzuführen, der sich mit der Frage beschäftigt, inwiefern „linke“ Parteien Nationalismus und Populismus befördern und was wirklich linke politische Antworten auf gesellschaftliche Probleme ausmacht.

 

2. Präsentation unserer Publikation „Ziehen wir an einem Strang?!“ - zu den Verhältnissen zwischen linken Parteien, Gewerkschaften, sozialen Bewegungen, NGO ...

Moderiert von Axel Strasser sprachen Frieder Otto Wolf, Andrea Plöger, Horst Schmitthenner, Andreas Trunschke und Judith Dellheim. Die Gäste des Workshops interessierten sich insbesondere für drei Fragen: 1) was können linke Parteien im offiziellen politischen System erreichen und woran scheitern sie immer wieder? 2) wie können wirklich gesellschaftspolitische Kräfteverhältnisse verändert werden und was bedeutet das für das Zusammenspiel der verschiedenen Akteure? 3) Wie kann auf der europäischen Ebene um die Veränderung gesellschaftspolitischer Kräfteverhältnisse gerungen werden und was heißt das wiederum für das Zusammenspiel von linken Parteien, Gewerkschaften, sozialen Bewegungen, NGO ...?

Deshalb wurde vereinbart, im Jahre 2009 eine europäische Publikation zu den Verhältnissen zwischen linken Parteien, Gewerkschaften, sozialen Bewegungen, NGO ... zu verfassen.



[1] Der Unterschied zwischen Seminar und Workshop besteht in der konzipierten TeilnehmerInnenzahl, ausgehend von der die ESF-OrganisatorInnen die Raumbelegung planten.